12 Oaks Ranch - Mehr als "nur" Reiten
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Mach ein Spiel draus: Warum ein Klaps eben nicht dasselbe ist wie ein Klaps

Im Laufe des Monats Januar habe ich Euch ja einige von meinen Lieblingsreitschülern vorgestellt.

Nicht ganz krönender Abschluß, aber wohl der Höhepunkt ist „mein“ Horsemanship-Trüppchen aus Hückeswagen, die ich seit Herbst unterrichte. Im Spätsommer war es nur eine Kundin und die hatte ein Pflegepferd in Wipperfürth. Schon die erste Stunde war wirklich angenehm: Frauke war einfach nur neugierig auf das, was das System zu bieten hat und stellte nicht alles in Frage, wie man es gelegentlich mit Schülern erlebt, die zwar die sieben Spiele als Übungen spielen, aber den Sinn des Verantwortung-Abgebens und das-Pferd-in-Ruhe-lassen-wenn-es-seinen-Job-macht, entweder nicht verstehen oder einfach nicht umsetzen wollen oder können, weil nicht immer alles schön und sanft aussieht, was im NHS passiert.

 

Für Frauke war das gar kein Thema: Sie hat sofort verstanden, dass eine Phase 4 zwar nach einem (wenn auch kurzen und knappen) Donnerwetter aussieht, es aber so schnell und effektiv die Rangordnung klärt, dass es am Ende ein Geschenk fürs Pferd ist: Wir können es uns nämlich erlauben, das Pferd in Ruhe zu lassen. Das kann Frauke wie keine andere: Ihre Energie von einer Sekunde auf die andere herunterfahren. Wow, da bin selbst ich beeindruckt.

 

 

An diesem ersten Tag in Wipperfürth war auch eine Zuschauerin dabei: Maren. Mit beiden war es durchweg angenehm. Man sollte meinen, dass es selbstverständlich ist, dass Zuschauer ihren geringen Obolus von fünf Euro bezahlen, man sollte auch meinen, dass es genauso selbstverständlich ist, dass der Kunde bezahlt, wenn es statt einer knapp zwei Stunden dauert. Aber das ist es leider nicht: Es gibt Kunden, die selbst dann, wenn ich eine halbe Stunde kostenlos hintendran gehangen habe, sich selbst Centbeträge als Wechselgeld heraus geben lassen. Nicht so Frauke – im Gegenteil: Sie hatte nicht nur eine zweite Stunde von sich aus finanziell honoriert, sondern auch Trinkgeld gegeben. Einfach total nett und dann dauerte es nicht lange und Frauke hat sich ein eigenes Pferd gekauft. Das ist das interessanteste Pferd, dass ich jemals kennengelernt habe. Eine coole Socke durch und durch, wo selbst unsere Queenie vor Neid erblassen würde: 

 

Mio klettert auf Podest oder Plane, als hätte er nie etwas anderes gemacht, schubst den Ball durch die Gegend; lässt es zu, dass eben dieser Ball unter und über ihm hin und her geschubst wird, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken … aber wehe jemand hebt den Carrot Stick mit dem daran baumelnden „String“ auch nur etwas in die Höhe, dann wird aus Dr. Jekyll ein Mio Hyde …. holla, die Waldfee – was kann dieses Pferd rennen. Aber mit Geduld, Spucke und ganz viel Horsemanship (also nicht im Sinne vom Abspulen der sieben Spiele, sondern wirklich mit Psychologie und echter Kommunikation) war ich neulich so weit, dass ich seine Ohren mit Stick und sogar herab baumelnden String „belästigen“ durfte, ohne dass er die Füße bewegt hat. Also: Eins sagt mir mein Bauchgefühl: Dieses schicke Pferd hat Potential. 

 

Nicht minder hübsch und begabt, ist Fritz von Maren, der Zuschauerin vom allerersten Mal. Die war so oft als Zuschauerin dabei, dass es mich nicht wunderte, als Frauke einmal am Rande erwähnte, dass sie mit anderen Trainern einmal schlechte Erfahrungen gemacht hatte und sehr vorsichtig mit Unterricht sei, da ihr Pferd am Headshaking gelitten habe. Als sie nach einigen Malen zusehen, dann doch eine Stunde bei mir nahm, war ich entsprechend nervös. Ihr wisst ja vielleicht, dass meine Phase 4 nicht immer schön aussieht, aber notwendig ist, wenn man sich nicht in permanente Dauerdiskussionen mit dem Pferd verstricken will bzw. dem Pferd durch gutes Leadership auch die Sicherheit geben will, die es als Fluchttier so dringend braucht. Aber Marens Fritz habe ich dennoch erst einmal angefasst wie ein rohes Ei, denn ein Headshaken auslösen will ich ja nun mal wirklich nicht. Aber es lief wie am Schnürchen und im Laufe der ersten Stunde konnte ich die seltenen, aber deutlicher Ansagen mit dem Neutral abwechseln und das Neutral ist es, was Pferde so sehr lieben. Fritz schüttelte noch nicht einmal ansatzweise den Kopf – noch nicht einmal unwillig aus Dominanz und Maren sagte mir am Ende: „Für mich ist das eigentlich ganz schrecklich, mein Pferd aus der Hand zu geben, aber bei Dir habe ich ein gutes Gefühl.“ Was dazu führte, dass sie mich in der nächsten Stunde regelrecht aufforderte: „Ach, mach Du das besser mit Fritz.“ und auch Frauke hat mich am selben Tag gebeten, das Circling Game mit Mio zu spielen und danach gesagt: „Das nächste Mal machst das auch besser Du, dann lernt er mehr.“ Ich bin dann nicht nur stolz wie Oskar gewesen, sondern habe mich gefreut, dass meine Schüler das System so gut verstehen und wissen, dass (zumindest im Parelli-System) die Levels 1 & 2 Menschenschule sind und das Pferdetraining von Level 3 & 4 Studenten bzw. Trainern gemacht werden sollte. 

 

Selbst dann, wenn die gelegentlich ihre Schüler ein kleines bisschen aus der Fassung bringen – so wie ich letztes Mal. Frauke hat mir im neuen Stall in Hückeswagen ein halbes Dutzend Neukunden an Land gezogen – bei manchen sind wir noch in der Kennenlernphase und ich habe noch keine Fotos und auch noch keine Anekdoten – aber: Was nicht ist, kann ja noch werden.

Bei Susi und ihrem Polizeipferd Fudux bin ich wohl ein bisschen übers Ziel hinaus geschossen. Susi kennt schon unheimlich viele Übungen aus dem NHS – deswegen geht es im Unterricht weniger darum, neue Übungen kennenzulernen, sondern vielmehr bekannte Übungen auf einem anderen Niveau zu spielen. Ein Beispiel: Was macht man, wenn das Pferd im Schritt trödelt?

Eine Möglichkeit: Man treibt und treibt alle paar Meter ein Schlenker mit dem Stick in der Luft. Das tut dem Pferd ganz sicher nicht weh: ABER ES NERVT. Das fühlt sich einfach an wie Dauernörgeln – also braucht es einen anderen Weg.

 

Die Alternative ist ein so genanntes gutes Send: Ich schicke das Pferd mit so viel Energie auf den Zirkel, dass es für möglichst viele Runden das gewünschte Tempo hält – eine Übung für forgeschrittene Horsemanshipler. Das wollte ich einmal demonstrieren, indem ich BEIDE EXTREME simulieren wollte, habe alsdann bei einer Führübung gezeigt, wie ich engergielos vor mich herschlurfe und zeitgleich schnalze und vorne zupfe, damit mein Pferd vorwärts geht, wie man das so oft landauf-landab in diversen Reitställen sieht: Erwartungsgemäß wurde das Pferd nicht wesentlich schneller und schon gar nicht dauerhaft. Dann wollte ich das Gegenteil zeigen: Losmarschieren mit Energie und der Intention: Komm mit – lass uns in die tolle Ecke laufen. Fudux war mir zu langsam und klatsch, da habe ich ihn aus dem Nichts am Hinterteil getroffen und ehrlich gesagt auch nicht nur gestreichelt und er schoss los wie eine pferdische Kanonenkugel – aber ohne panisch zu werden oder von mir weg zulaufen. Dennoch gab es einen Hoppla-Effekt: Alle lachten und Frauke sagte: „Gut, dass Du das nicht mit meinem Mio gemacht hast.“ Fudux hat sich natürlich als Polizeipferd kaum erschrocken, aber ich habe jetzt das Hirngespinst: 

 

Wird Fraukes Mio irgendwann den Stick und den String genauso akzeptieren, dass ich mit ihm ähnlich spielen kann wie mit Susis Fudux?? Also nach dem Motto: „Krieg ich Dich, krieg ich Dich? Getroffen!!“ Denn das ist der Clou bei der ganzen Geschichte: Es kommt immer auf die innere Energie an – ist es ein Spiel oder ist es Aggression? Pferde merken diesen Unterschied ganz genau und alle, die das Spiel zwischen zwei Menschen kennen, wo der eine versucht, die Hände des anderen zu klatschen und der andere mit zusammen gelegten Händen auszuweichen versucht. Jeder der diesen Spielchen unter Menschen kennt, weiß wie sehr man über dieses Spiel auch dann lacht, wenn der Klaps ein bißchen zwickt: Menschen kennen den Unterschied zwischen spielerischer und aggressiver Energie nämlich genauso gut, wie es Pferde tun.

 

Vor zwei Jahren habe ich bereits etwas zum Thema "Mach ein Spiel draus geschrieben" - zweitpubliziert in einer Mini-Artikel-Sammlung auf Wordpress (dort nach unten scrollen):

 

Noch eine Wegerhof-Story: Von Milchwagen, Schnaps & Gewohnheitstieren

Nina hat ein Pferd, das ich als Cisco in einfarbig, aber größer beschreiben würde - also eher faul und wenn er vorwärts gehen soll und er will nicht, dann schmeißt er auch schon mal den Hintern hoch. „Heitas Donald“ ist ein Connemara – also ein etwas zu groß geratenes Pony. In der allerersten Stunde wäre es ja eigentlich an der Reihe gewesen, dass man die sieben Spiele erklärt, z.B. den Unterschied zwischen rhythmischer Bewegung, rhythmischem Druck und stetigem Druck – also Parellis Spiele 1-3: Friendly, Driving und Porcupine Game, um dann zu den Zweckspielen überzugehen. Da Nina Vorerfahrung hat und schon ein kleines bißchen die Freude am Pony verloren hatte, sind wir völlig anders vorgegangen und haben über Horsenality-Strategien für so genannte Left-Brain-Introverts (nach Parelli) gesprochen: Ecken- und Milchwagenspiel oder einfach selbst einmal langsamer gehen, als das Pferd gehen will, damit das Pferd auf die Idee kommt, dass schneller mehr Spaß macht. Ich habe Linda Parellis Pling-Pling (gleichbleibendes Klopfen) und das Thunk-Thunk (verdoppeln) erklärt und auch das Auf-den-Zirkel-Schicken-mit-richtig-viel-Energie demonstriert und Nina gesagt, dass sie möglichst als Hausaufgabe jede Strategie 3 x ausprobiert, um zu sehen, ob sie für „Heitas Donald“ passt oder nicht, weil ja nicht jedes Pferd gleich ist. Und genau das war in diesem Pferd-Mensch-Team das Ausschlaggebende. Als wir uns das zweite Mal gesehen haben, hat Nina gesagt, dass sie „Heitas Donald“ seitdem mit völlig neuen Augen sieht und obwohl er nicht wesentlich schneller geworden ist, so hat sich doch die Beziehung zwischen den beiden geändert. Sie steht nämlich jetzt an erster Stelle: Natural Horsemanship in seiner reinsten Form.

Die Idee vom Milchwagenspiel ist übrigens, dass der Milchwagen ja in der Regel immer an der gleichen Stelle anhält, um Milchkannen aufzuladen, Milch abzuliefern oder zur Molkerei zurückzukommen. Das kann man sich in der Pferdeausbildung zunutze machen, indem man aus Hindernisblöcken "Mini-Häuschen" aufbaut, Das Pferd weiß dann, dass die Pause bei "Nachbar Griesgram" immer kurz gerät, aber beim folgenden Nachbarn umso länger dauert, weil der Kutscher dort immer einen Schnaps bekommt. Eine hervorragende Pattern, um faule Pferde zu motivieren. Macht nicht nur Pferden, sondern auch Kindern Spaß, wie z.B. unseren Reitferienkindern - Video oberhalb.

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